Die Sache hat einen Haken

Stützlast, Anhängelast, höchstes zulässiges Gesamtgewicht - vor dem Ankuppeln gilt es, die rechtliche Zulässigkeit der Kombination sicherzustellen. Im ersten Teil unseres Anhänger-Schwerpunktes für Zugfahrzeuge der Klasse B dürfen wir Ihnen den Umfang der möglichen Lenkberechtigungen ebenso näherbringen wie die zu beachtenden Gewichtsgrenzen.

Manchmal reicht der Platz im Auto nicht aus, um die wichtigen Dinge des Lebens zu transportieren: Pferde, Boote oder Oldtimer - in vielen Fällen ist ein Anhänger die beste Möglichkeit der Beförderung. Doch das Fahren mit einem Anhänger birgt durchaus Tücken - manche lauern bereits, bevor sich die Kombination in Bewegung setzt: Will man gewichtsmäßig "ordentliche" Ladung wie Pferde, Boote oder Kraftfahrzeuge ziehen, ist in allerRegel auch ein gewichtsmäßig "anständiges" Auto vonnöten; der Traktionsvorteil von Allradfahrzeugen kommt hier besonders vorteilhaft zum Tragen. Allerdings stößt der B-Führerschein bei Geländefahrzeugen samt Anhänger recht bald an seine Grenzen. Wer rückwärts mit einem Gespann rangierenwill, gerät ebenfalls schnell an Grenzen - und zwar an die seines Könnens, weil der Anhänger nach links abbiegt, wenn der Fahrer nach rechts lenkt. (Sie kennen die lachenden Pferde aus der Fernsehwerbung, oder?)

Doch selbst geradeaus kann das Gespannfahren kritisch werden. Zum Beispiel, wenn ein Anhänger zu schnell gezogen wird: Nicht selten schaukeln sich Gespanne bei erhöhtem Tempo schlagartig auf und sind kaum noch einzufangen. Aber auch eine Bodenwelle, eine Seitenwindböe oder ein Spurwechsel können genügen, um den Anhänger zu Pendelschwingungen anzuregen.

Auswahl des Zugfahrzeuges

Hohe Motorleistung und vor allem ein starkes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen sind beim Ziehen von Anhängern ebenso spielentscheidend wie Reifen, die die Kraft auch auf den Boden übertragen können -selbst im flachen Seewinkel oder dem Marchfeld. Denn bei 80 km/h verdoppelt sich der Rollwiderstand und der Luftwiderstand eines Wohnwagens ist dreimal so hoch wie der des Solo-Pkw. Steht darüber hinaus auch die gebirgige Topografie Österreichs im Zentrum des Interesses, wird die Leistungsfähigkeit der Motorkühlung und der Bremsen zum Matchwinner: Mitunter ist es sogar erforderlich, für einen problemlosen Anhängerbetrieb einen größeren Kühler oder einen stärkeren Lüfter vorzusehen; jenach Fahrzeugtyp sind sogar verstärkte Differenziale und Antriebswellen möglich. Daher spricht viel dafür, die Anhängerkupplung bei der Bestellung eines neuen Fahrzeugs mitzuordern.

Das Anhängerziehen ist mit Automatikgetriebe bequemer, weil man nicht mit schleifender Kupplung anfahren bzw. rangieren muss: Bei mehrmaligem Schleifenlassen besteht die Gefahr der Überhitzung der Kupplung und der Kraftschluss versagt. Zudem sind bei einem Automatikgetriebe die Lastwechsel beim Schaltenzwischen den einzelnen Gangstufen nicht so stark wie bei einem manuellen Schaltgetriebe, was die gesamte Antriebsmechanik entlastet.

Gewichtsbestimmungen

Klar: Ein Mercedes G zieht einen großen Anhänger viel besser als ein Golf 4motion. Aber nicht immer ist der Führerschein in der Lage, mit den Transportmöglichkeiten von geländegängigen Zugfahrzeugen mitzuhalten! Damit es kein böses Erwachen gibt, zahlt es sich aus, die rechtlichen Rahmenbedingungen strikt einzuhalten: Fehlt dieerforderliche Lenkberechtigung, wird man im Fall des Unfalls mit Regressforderungen der Versicherung konfrontiert. Selbst bei simplen Verkehrskontrollen droht böses Erwachen - der Anhänger steht am Straßenrand und man darf nur mehr solo weiterfahren. Ein amtlicher Zahlschein folgt am Postweg, imWiederholungsfall wird die Führerscheinbehörde eine vorübergehende Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse B anstrengen.

Einteilung der Anhänger

Wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Anhängers nicht über 750 Kilogramm liegt, spricht man von einem "leichten Anhänger". Er eignet sich für die Ersatzteilbeförderung sowie für Grünschnitt, Gartenabfälle und ähnliches Transportgut. Man benötigt keinen Unterlegkeil und der Anhänger muss auch keine Bremse (wohl aber gegen Abreißen des Hängers schützende Sicherheitsverbindungen) haben. "Schwere Anhänger" über 750 Kilogramm höchste zulässige Gesamtmasse müssen eine Bremse haben, mitzunehmen ist mindestens ein Unterlegkeil. Für beide Anhängerarten reicht in Österreich das Autobahnpickerl des Zugfahrzeugs. Im Ausland werden mit Anhängern oft zusätzliche Straßenbenützungsgebühren fällig - die Schweiz verlangt zum Beispiel eine eigene Vignette für den Anhänger.

Klasse B, leichter Anhänger

Leichte Anhänger dürfen mit der Klasse B gezogen werden, wenn das um 75 Kilogramm erhöhte Eigengewicht des Zugfahrzeuges mehr als doppelt so schwer ist wie das aktuell vorliegende Gesamtgewicht des Anhängers (meist zur besseren Unterscheidung "momentanes Gesamtgewicht" oder auch "tatsächliches Gesamtgewicht" genannt). Die 75 Kilogramm sollen den Fahrer und sein Handgepäck berücksichtigen - aber pauschal, auch ein Sumoringer darf nicht mehr dazurechnen.

Natürlich ist es auf den ersten Blick etwas mühsam, den Anhänger abwiegen zu müssen, um die Einhaltung der Gewichtsparität prüfen zu können - das bietet aber auch handfeste Vorteile: Wenn das Gewichtsverhältnis nicht passt, braucht man beispielsweise nur die beim Baumarkt erstandenen Zementsackerln vom Hänger ins Auto umzuräumen, bis das passende Anhängergewicht erreicht ist - oder man borgt sich ein schwereres Auto aus.

Die allerschwerste erlaubte Kombination für B-Besitzer wiegt daher 3.500 kg + 750 kg = 4.250 kg höchstes zulässiges Gesamtgewicht.

Klasse B, schwerer Anhänger

Schwere Anhänger sind B-Schein-tauglich, wenn die Summe beider höchstzulässigen Gesamtgewichte höchstens 3.500 Kilogramm ausmacht. Oftmals ist es ärgerlich, dass das Entladen des Anhängers nichts nützt, da ja das höchste zulässige Gesamtgewicht maßgebend ist und ein leerer Anhänger vom Auto wohl sehr locker gezogen wird, wenngleich er bereits "zu schwer für den Führerschein ist". Das Überschreiten der Gesamtsumme von 3.500 Kilogramm ist zudem auch von Organen der Straßenaufsicht mit den Fahrzeugdokumenten durch einfaches Addieren sehr leicht feststellbar.

Klasse B, Code 96

Nach drei Kurseinheiten und vier Fahrstunden in einer Fahrschule - aber ohne Prüfung! - darf auch ein schwerer Anhänger gezogen werden, mit dem die höchste zulässige Gesamtmasse der Fahrzeugkombination bis zu 4.250 Kilogramm beträgt. Diese Berechtigung wird im Führerschein mit dem im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum gültigen Code 96 vermerkt.

Klasse BE

Der Führerschein der Klasse BE umfasst ein Zugfahrzeug der Klasse B und einen Anhänger mit einer höchstens zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3.500 Kilogramm. Die erforderliche Ausbildung beträgt wie beim Code 96 drei Stunden Kurs und vier Fahrstunden, zusätzlich sind aber auch ein Termin beim Arzt sowie eine Theorie- und eine Fahrprüfung zu absolvieren.

Klasse BE bei Besitz der Klasse F

Der erleichterte Zugang zur Lenkberechtigung für die Klasse BE (nur eine praktische Fahrprüfung, der theoretische Teil am Computer entfällt) ist für alle Personen möglich, die die Lenkberechtigung der Klassen B und F mindestens drei Jahre besitzen und dabei Praxiserfahrung beim Ziehen von schweren Anhängern gesammelt haben.

Code 79.06 für Besitzer der Klasse B+E

Eine vor dem 19. Jänner 2013 erworbene Lenkberechtigung B+E (diese umfasste alle schweren Anhänger hinter Zugfahrzeugen der Klasse B, also auch jene Kombinationen der Klasse BE, bei denen die höchstzulässige Gesamtmasse des Anhängers 3.500 Kilogramm übersteigt) wird zur Wahrung der erworbenen Rechte mit dem Code 79.06 in einen neu ausgestellten Führerschein eingetragen.

Gewichtsverhältnis für Auflaufbremsen

Das Ziehen von auflaufgebremsten Anhängern ist nur erlaubt, wenn die momentane Gesamtmasse des Anhängers die höchste zulässige Gesamtmasse des Zugfahrzeuges nicht übersteigt. Bei "geländegängigen" Zugfahrzeugen ist das Ziehen von auflaufgebremsten Anhängern erlaubt, wenn die momentane Gesamtmasse des Anhängers die 1,5-fache höchste zulässige Gesamtmasse des Zugfahrzeuges nicht übersteigt. Das betrifft vor allem jene Geländefahrzeuge mit Allradantrieb, die einen stabilen Leiterrahmen haben, an dessen hinterem Querträger die Anhängerkupplung montiert ist. Ob ein Fahrzeug "geländegängig" ist, wird in der Zulassungsbescheinigung angegeben (Rubrik "J": Fahrzeugklasse/Art: M1G, N1G).

Mitunter ist die Höhe der möglichen Anhängelast nur vom Fahrzeugdesign abhängig: "Geländegängige" Fahrzeuge müssen bestimmte Eckdaten erreichen, unter anderem sind die Böschungswinkel ein Messkriterium. Beim Tiguan der ersten Generation entschied ausschließlich die vordere Stoßstange über das erlaubte Anhängergewicht

Kräfte am Haken

Die Anhängerkupplung wird von zwei Kräften belastet: in vertikaler Richtung durch die Deichsellast des Anhängers, in horizontaler Richtung durch die Zugkraft beim Fahren.

Stützlast und Deichsellast

Beim Ziehen eines Anhängers muss dessen Deichsellast bei der Nutzlast des Zugfahrzeuges berücksichtigt werden, um eine Überladung zu vermeiden. Die Deichsellast des Anhängers soll die zulässige Stützlast des Autos möglichst genau erreichen, darf sie aber nicht überschreiten.

Die Zulassungsbescheinigung des Zugfahrzeuges legt die höchste zulässige Stützlast fest. Grenzwerte finden sich außerdem auf den Typenschildern an der Anhängerkupplung und an der Zugdeichsel des Anhängers. Weichen die Werte voneinander ab, ist der kleinste der drei maßgebend.

Höchste zulässige Anhängelast

Die in der Zulassungsbescheinigung angeführte höchste zulässige Anhängelast bezieht sich auf die momentane Gesamtmasse des Anhängers, also das Gewicht, das tatsächlich am Haken hängt - und das noch dazu auf zwölf Prozent Steigung. Die Typisierungsgrenze für Anhänger mit Auflaufbremse liegt bei 3.500 Kilogramm (Ausnahme: Land- und Forstwirtschaft) - aus diesem Grund ist das die höchste Anhängelast, die ein Pkw oder Kombi im öffentlichen Straßenverkehr brauchen kann.

Wenn es rein um die technisch mögliche Belastbarkeit geht, sind deutlich höhere Zuggewichte möglich. Der Land Rover Discovery zog zum etwa kürzlich in Australien einen 110 Tonnen schweren Road Train. Warum? Weil er"s kann.