Seit einigen hundert Kilometern hat mich mein Mini bei jedem Start daran erinnert, dass ich zum Ölwechsel muss. Da ich zu dessen 5. Geburtstag auf jeden Fall zum „Pickerl“ musste, brachte ich meinen Stadtflitzer mit 17.657 km am Tacho zur BMW-Werkstätte. Um diese um stolze 1.357,62 Euro ärmer wieder zu verlassen. Mit neuem Motoröl, aufgefüllter Bremsflüssigkeit und frischem Mikrofilter. Solche hatte er schon bei 4.000 und 7.600 km bekommen. Zusätzlich wurde er zwecks Bremsflüssigkeit mit 6.200 km in die Werkstätte beordert. So summierten sich die Servicekosten meines Benziners – ohne „Pickerl“-Kosten – in diesen 5 Jahren auf rund 1.800 Euro. Das sind rund 100 Euro pro 1.000 Kilometer, bei 100.000 km kann ich mit 10.000 Euro rechnen.
An der Kassa wurde ich bei meiner Hochrechnung beruhigt: So viel wird es schon nicht werden. Als alter Benzinbruder kam ich aber doch ins Grübeln: Mein Freund hatte sich vor vier Jahren um 63.000 Euro einen Tesla Y gekauft. Mit Vierjahresgarantie und zehn Jahren auf die Batterie. Laut Empfehlung im Internet soll er bei 30.000 km zum Service. Für dieses kam ein Techniker in die eigene Garage und führte alle Tests vor Ort durch. Kosten: 125 Euro. Seither hatte mein Freund als Serviceaufwand außer einem Querlenkertausch – auf Tesla-Kosten – nur die Scheibenwischer selbst zu bezahlen. Jetzt fuhr er vor Ablauf der Vierjahresfrist bei 59.000 km nach Graz zur Garantie-Endinspektion. Dort waren wiederum nur 127 Euro für neue Scheibenwischer zu bezahlen.
Vielleicht sind beides Ausnahmefälle. Jedenfalls schaute ich mir die derzeitigen Garantiefristen an. Die sind durch die Fernost-Konkurrenz in Bewegung. Vielleicht auch deshalb, da eine Studie der puls-Marktforschung in Kooperation mit CarGarantie ergeben hat, dass die Garantiedauer bei den Gebrauchtwagenkäufen eine wesentliche Rolle spielt. Somit auch bei den -Neuwagen, wenn die Garantie über die zweijährige Gewährleistung hinaus geht.
Dafür hat Seat die schon bisher lange Frist von fünf Jahren für alle Modelle gleich auf zehn Jahre verdoppelt. Laut Markenleiter Timo Sommerauer ein Signal, „dass wir an die Qualität unserer Produkte glauben“. Bisher waren Kia und MG mit sieben Jahren und 150.000 km Begrenzung die Garantie-Meister. Ihnen folgen Mazda und BYD mit sechs Jahren, ebenfalls mit einer 150.000 km Beschränkung und Tesla mit vier Jahren.
Fünf Jahre scheint der neue Standard zu werden. Dort findet man ohne km-Schranke Hyundai, mit Beschränkungen Jaguar, Škoda, Subaru, Land Rover und Mitsubishi. Bei Renault ist es modellabhängig, ob es drei oder vier Jahre mit 100.000 oder 150.000 km Begrenzung sind. BMW garantiert im „Qualitätsbrief“ drei Jahre ohne km-Begrenzung, bei Lexus gelten diese drei Jahre nur für 100.000 km. Vor allem viele Europäer beschränken sich mit zwei Jahren auf die gesetzliche Gewährleistungsdauer: VW, Audi und Porsche, die Stellantis-Gruppe, Ford und Mercedes, auch Jeep, Volvo und mein Mini sind dabei. Danach gibt’s nur extra zu bezahlende Garantieverlängerungen.
Lange Garantiefristen sind des Käufers Freud, der Werkstätte Leid. Da kürzen die Hersteller die Vorgabezeiten für die anfallenden Garantiearbeiten, ebenso die Spanne bei den dafür erforderlichen Ersatzteilen. Es liegt im Ermessen der Hersteller/Importeure, ob und ab wann er wie viel seine Vertragswerkstätten verdienen lässt. Selbst bei E-Fahrzeugen, bei denen kaum ein Service anfällt. Keine Servicekosten – ein positives Faktum für deren Verkauf, das die künftige Erwartungshaltung der Konsumenten für laufende Servicekosten prägen wird.
Mein Vergleich Tesla–Mini zeigt, wo der Zug hinfährt. Über die nächsten Jahre können sich die Autohäuser und ihre Vertragswerkstätten mit dem derzeitigen Hybrid-Boom hinweghelfen. Danach werden auch diese Hybrid-Fahrer auf reinen E-Antrieb umsteigen. Dass deren Verschleiß ausreichen wird, die Werkstätten zu füllen, ist zu bezweifeln.
