Von Optimismus bis Enthusiasmus war der 95. NADA-Kongress in San
Francisco geprägt. Die USamerikanischen Markenhändler feierten die
Wiederauferstehung des Automobilmarkts. Während der Wirtschaftskrise
war der Absatz schlagartig von 16,5 auf 10,5 Millionen Einheiten
eingebrochen. Jetzt wächst er wieder, Gott sei Dank.
An der Aufwärtsentwicklung, die bereits im Vorjahr eingesetzt hat,
war die NADA wesentlich beteiligt. Ed Tonkin, Chef der Organisation
im Vorjahr, unterstrich vor dem Plenum der Convention&Expo (mit
insgesamt 14.000 Teilnehmern und Besuchern wurde die
Vorjahresfrequenz verdoppelt), es sei dem NADA-Lobbying zu verdanken,
dass der Autohandel nicht in die von der Regierung verordnete
Beschränkung der Privatkredite einbezogen wurde. Nachdem in den USA
Pkw-Verkäufe nahezu ausschließlich fremdfinanziert werden, war das
ein entscheidender Erfolg. Ein ähnliches Kunststück gelang der
NADA-Spitze, als sie General Motors und Chrysler daran hinderte, im
Zuge ihrer Insolvenzverfahren hunderte Händlerverträge zu kündigen.
Österreich war in San Francisco vertreten durch Dr. Gustav
Oberwallner, stellvertretender Bundesgremialobmann des Autohandels
und Vorstandsmitglied der CECRA, der Interessenvertretung von
Autohandel und Kfz-Gewerbe auf der europäischen Ebene. An seiner
Seite agierten Dr. Christian Pesau vom Arbeitskreis der
Automobilimporteure und Mag. Christoph Wychera von der
Wirtschaftskammer Österreich.
Drei Stützen des Aufschwungs
Sie registrierten, dass Tonkin ebenso wie Stephen Wade, sein
Nachfolger als NADA-Vorsitzender im heurigen Jahr, auf mehrere
Faktoren setzen, die für das neuerliche Aufblühen des US-Autohandels
verantwortlich sind: Neben der Erholung der Gesamtwirtschaft
vertrauen sie erstens auf das angekündigte Modellfeuerwerk der
Automobilindustrie, das alternative und treibstoffsparende Angebote
einschließt, zweitens das auf 10 Jahre gestiegene Durchschnittsalter
der US-Fahrzeuge und drittens die weitgehende Austrocknung des
Gebrauchtwagenmarkts.
NADA-Chefökonom Paul Taylor rechnet aufgrund dieser Faktoren fürs
heurige Jahre mit einer Steigerung der Neuwagenzulassungen gegenüber
dem Vorjahr um 12 Prozent oder insgesamt 12,9 Millionen Einheiten.
Aufgrund der Spontanität, die den Kfz-Markt kennzeichnet, würde es
niemanden wundern, wenn diese Markeüberboten würde. Springender
Punkt ist in den USA allerdings, wie Oberwallner im A&W-Gespräch
unterstrich, die Entwicklung des Benzinpreises. Er liegt derzeit bei
rund 3 Dollar für die Gallone (3,8 Liter). 2008 waren dafür 4 Dollar
fällig.
Damals schoss das Interesse an -nicht lieferbaren -Kleinwagen in die
Höhe. Als die Autohersteller lieferfähig waren, flaute die Nachfrage
rasch ab, weil der Benzinpreis wieder sich wieder normalisiert hatte.
- So volatil ist der Automarkt überall, weil er vor allem von den
sprunghaften Kaufentscheidungen der Verbraucher abhängig ist.
Allerdings sind die Konsumenten in den USA bei Fahrzeugen wie
Treibstoff besonders preissensibel.
Preis als Entscheidungshilfe
Oberwallner unterstrich, dass man in den USA besonders gut die
Funktion des Energiepreises bei der Durchsetzung alternativer
Antriebe wie Hybrid, Elektro oder Diesel und verbrauchsarmer
Kleinmotoren studieren könne. Nur wenn die ökonomische Relation
zwischen Fahrzeugpreis und Treibstoffkosten passe, entscheide der
Konsument sich für ökologisch sinnvolle Lösungen. In dem Rahmen
bleibe die Faszination der Technik erhalten. Was die
Branchenrelationen angeht, findet Oberwallner die US-Praxis sinnvoll,
dass die Hersteller -anders als in Europa -im Handel nicht auf eigene
Rechnung tätig werden dürfen.
Pesau und Wychera imponierte die tolle Aufbruchstimmung in San
Francisco, die sich deutlich vom Katzenjammer der beiden Vorjahre
unterschied. Den Geschäftsführer des heimischen Arbeitskreises der
Automobilimporteure beeindruckte die Macht, die von der NADA mit
einem Jahresbudget von 150 Millionen Dollar repräsentiert wird. Der
Bundesgremialgeschäftsführer wiederum verwies auf den hohen, auf
freiwilliger Basis beruhenden Organisationsgrad derUS-Markenhändler
von deutlich über 90 Prozent. Allerdings ist der Konzentrations-und
Zentralisationsprozess in den Vereinigten Staaten weiter als in
Europa vorangeschritten. Das ging aus der Wortmeldung von Joop
Timmer, Vorsitzender der ECD (European Car Dealers) als
Unterorganisation der CECRA, hervor, wonach in Europa 70.000
Niederlassungen von Markenhändlern existieren.
Rasche Internationalisierung
Tonkin und Wadeäußerten gemeinsam die Überzeugung, dass die
Automobilwelt rasch zusammenwachse. Ausdruck davon ist der seit
einigen Jahren am NADA-Kongress veranstaltete "International Round
Table". Heuer kamen Sprecher des Autohandels aus Argentinien,
Brasilien, Europa und Indien zu Wort. Beeindruckend war dasSelbstbewusstsein des Sprechers aus dem indischen Subkontinent. Er
berichtete von einer Wachstumsrate von 32 Prozent und einem rasanten
Aufholprozess der indischen Autoindustrie, die sich auf eigene Kräfte
und Auslandsinvestitionen stützt.
Apropos Investitionen: Oberwallner verwies auf dieüberproportionalen
Kapazitätskürzungen der Autoindustrie in den USA. Nun gebe es einen
Boom von neuen, unter anderem auch europäischen Betriebsansiedlungen,
die von den Zulieferern nachvollzogen werden müssen, wenn sie im
Geschäft bleiben wollen.