Stammtischdebatten über Sinn und Unsinn einzelner Antriebstechnologien haben längst Einzug in die mediale Begleitmusik zur Energie- und Mobilitätswende gefunden. Beim Wiener Motorensymposium hingegen schimmert nur in wenigen Momenten hie und da das vermutete Geschäftsinteresse eines Vortragenden, die persönliche Affinität eines Fragestellers zart durch. Beim Gros der Vorlesungen und Fragerunden zählen wohltuenderweise Daten und Fakten.

Die Auswahl der Vortragsthemen lässt erahnen, wie viel Bewegung dieser Tage im Feld der Antriebstechnologien herrscht, insbesondere da neben Technologien für Pkws und leichte Nutzfahrzeuge auf Anforderungen bei Baumaschinen, Schiffen oder dem Flugverkehr im Detail eingegangen wird. Flankiert wurden diese Technik-Vorträge auch von ökonomischen Betrachtungen zu aktuellen Regularien und Aspekten der globalen Energiebereitstellung.

Vom Rand- zum Hauptthema

Waren E-Antriebe noch vor wenigen Jahren Ausnahmeerscheinungen im Curriculum der zwei Tage in der Wiener Hofburg, sind sie heute ganz selbstverständlicher Bestandteil – und dies gilt sowohl für Batterien als auch für Elektromotoren sowie Hybridantriebe.

In der Fokusstrecke auf den nächsten Seiten dieser Ausgabe widmen wir uns der Frage, welche Antriebe und Konzepte künftig „unseren“ Bereich der Mobilität mitgestalten werden und welche aktuellen Entwicklungen aus den einzelnen Bereichen derzeit die Debatte prägen. Dabei werden nicht nur, aber auch Beiträge vom heurigen Motorensymposium zitiert. 

Prof. Dr. Bernhard Geringer, Vorsitzender des Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK), welcher das Motorensymposium veranstaltet, betonte die Notwendigkeit aller technischen und wirtschaftlichen Lösungen, um den von Menschen „mitverursachten“ Treibhausgasanstieg in den Griff bekommen zu können. 

Gesamtbetrachtung als Chance für Verbrenner

Geringer erneuerte auch seine Forderung, dass in der Bewertung der Netto-Null-Mobilität der gesamte Lebenszyklus eines Fahrzeugs betrachtet werden müsse: „Die aktuelle EU-Flottengesetzgebung der reinen Fahrzeug-Treibhausgas-Emission ist unzutreffend und muss einer Gesamt-Systembetrachtung weichen.“ So könnten auch Verbrennerkonzepte – etwa mit E-Fuels betriebene Hybride – als CO2-neutral gelten, auch wenn diese im Betrieb dann wieder CO2 emittieren. Entsprechend plädierte Geringer auch dafür, nicht länger von „Dekarbonisierung“ zu sprechen, sondern von „Defossilisierung“. 

Bei den Vertretern der großen OEMs war allerdings zu beobachten, dass elektrische Antriebe durchaus überwogen. So zeigten VW und Mercedes-Benz effizientere batterieelektrische Antriebs- sowie Hybridkonzepte. Aus deren Präsentationen lässt sich gesichert ableiten, dass sich vor allem im Pkw-Segment der batterieelektrische Antrieb als Haupt-Antriebsform etablieren wird. 

Beim Lkw werden als zusätzliche Möglichkeiten Wasserstoff, aber zum Beispiel auch mit eMetha-nol, wie in einem Konzept von Geely -demonstriert, neben der Batterie gehandelt. Blickt man auf Land- und Baumaschinen oder gar auf Schiffe und Flugzeuge hat der Begriff der Technologie-offenheit tatsächlich seine Berechtigung. So sah Dr. Ing. Markus Heyn, Geschäftsführer Bosch GmbH, in Asien durchaus einen sichtbaren Trend hin zu Wasserstoff-Anwendungen im Schwerverkehr, ein solcher sei ebenfalls in der Region des Mittleren Ostens möglich. Auch Dr. Frederik Zohm, Vorstand MAN, bekräftigte erneut die Strategie -„Electric first, but not only“. 

Probleme der E- und Biofuels

Eigene Vortragsblöcke waren alternativen Kraftstoffen wie E-Fuels, eSAF, eMethanol, eAmmoniak oder Biokraftstoffen gewidmet, deren technische Machbarkeit zwar außer Zweifel steht, die aber zwei systemimmanente Nachteile gemeinsam haben. Erstens verfügen sie über sehr niedrige Wirkungsgrade, die im Detail von Produktionsort, Transportmöglichkeit und Nutzung abhängen. Zweitens findet noch keine Skalierung statt. Abgesehen von HVO, das in kleinen Mengen erhältlich ist, existiert keinerlei Produktions- geschweige denn Transport-Infrastruktur. 
Dabei fehlt es vor allem an der Finanzierung für jene gewaltigen Anlagen, die es brauchen würde, um fossilen Treibstoff zu ersetzen. Es herrscht Unsicherheit bezüglich der Regulatorik, der benötigten Menge und der Kosten. Denn die tatsächlichen Preise sind erst nach der Skalierung eindeutig abschätzbar. Und bis dahin ist auch ungewiss, ob die Technologien wettbewerbsfähig sind.