Ein Kommentator nannte es gar „schizophren“: An den Ständen drängt alles zum E-Auto, in den Vorstandsetagen wird Druck auf Brüssel gemacht, den Transformationsdruck abzuschwächen. Nichts weniger als das Ende der europäischen Autoindustrie wird als Menetekel an die Wand gemalt, wenn etwa Stellantis-Europachef Jean-Philippe Imparato warnte, ein Beharren auf dem aktuellen CO2-Pfad bedeute das Ende der leichten Nutzfahrzeuge aus europäischer Produktion. Öfter zu hören: Wenn der Markt nicht mitziehe, könne man nicht davon ausgehen, bis 2035 rein elektrisch zu fahren.

An den gezeigten Modellen – in allen Segmenten – kann es nicht mehr liegen: Nicht zuletzt die -deutschen Hersteller zeigten in München wichtige neue Modelle und Plattformen, wie etwa die „Neue Klasse“ von BMW. Auch beim VW-Konzern (mit neuer Nomenklatur und spannenden Ankündigungen bei E-Fahrzeugen) oder Mercedes-Benz wird die Wettbewerbsfähigkeit mit den ebenfalls in großer Zahl anwesenden Herstellern aus China betont. Leistungsfähige E-Autos standen im Fokus, allerdings waren die dazwischen gesetzten Hybride mehr als nur Garnitur. Die Brücke wird wohl noch gebraucht.

Bilanz mit Rekorden

Am Ende der Messe bilanzierten die Veranstalter der (noch jungen) Münchener IAA Rekordwerte: Der „Open Space“ (der kostenlose Teil der Veranstaltung in der Innenstadt für das breite Publikum) bot um 27 Prozent mehr Ausstellungsfläche als 2023, 94 Prozent der Besucher verteilten bei einer Befragung Zufriedenheits-Bestnoten. Der Fachbesucher-Teil („Summit“) am Messegelände in München-Riem verzeichnete mit einem Plus von 13 Prozent ebenfalls Besucherrekord: Mehr als 69.000 Fachbesucher aus 108 Ländern wurden gezählt.

Es ist eine gute Nachricht für die zerrissene Branche, dass das Auto noch immer solche Massen anzieht. Denn die „alternativen“ Mobilitätsthemen wie einzelne Präsenzen von Fahrradherstellern, der am Marienplatz erneut präsentierte Hyperloop oder ÖPNV-Diskussionen im „Citizen’s Lab“ waren zum wiederholten Male nicht viel mehr als Beiwerk.

Und auch wenn es heuer wieder von manchem Fachbesucher vor Ort angezweifelt wurde: Das Konzept der geteilten IAA ging wieder auf – trotz des teils abholden Wetters. Dazu passt die Meldung, dass sich der Verband der Automobilindustrie und die Messe München bereits auf die nächsten drei Ausgaben bis 2031 geeinigt haben. 

China: Konkurrent, Partner, Nemesis?

Neben dem Widerspruch zwischen Antriebswende und gefordertem Abbremsen bei derselben war der Wettbewerb zwischen Europa und China das zweite offenkundige Leitmotiv der heurigen IAA Mobility. Fragte man die Platzhirschen aus Deutschland nach der Konkurrenz aus China, wurde reflektiert gute Miene gemacht, existierende Kooperationen betont und auch, dass man den „china speed“ mittlerweile selbst beherrsche. Im CEO-Gespräch ließ der eine oder andere durchblicken, dass man den chinesischen Markt durchaus noch nicht aufgegeben habe. Die chinesischen Hersteller waren im Auftritt selbstbewusst, aber – etwa im Vergleich zu Mercedes und Porsche – weniger imposant. Einige der Hersteller (GAC, Nio, XPeng) schienen (uns) schon deshalb interessanter als früher, weil sie nun mit einer konkreten Österreich-Strategie aufwarten. 

Apropos Österreich: Rot-Weiß-Rot war u. a. mit vibe vertreten, der Abo-Anbieter kommunizierte seinen Deutschland-Start. Auch Zulieferer Pollmann und Kreisel Electric als Anbieter von Lade-Hardware hielten die Fahne hoch.