Bei einer kürzlich vom ÖAMTC veranstalteten Tagung zu den
Stickoxidemissionen von Diesel-Pkws zeigten sich enorme
Auffassungsunterschiede zwischen Fachleuten des Umweltsektors und der
Fahrzeugkonstruktion. Unter anderem stellte sich heraus, dass
Österreich abweichend von den Grenzwerten in EU-Richtlinien strengere
Maßstäbe an die Luftgüte anlegt, was natürlich auch zu einer größeren
Zahl von Überschreitungen der Grenzwerte führt.
InÖsterreich sind der Bund für die Emissionen, die Länder für die
Immissionen verantwortlich. Es gibt etwa 150 Messstellen an den
unterschiedlichsten Orten. Selbst die extremsten Positionen direkt
neben verkehrsreichen Hauptstraßen sind für das Umweltbundesamt (UBA)
berechtigt, da Grenzwerte immer und überall einzuhalten seien, wo
sich Menschen aufhalten. Dem wird jedoch entgegengehalten, dass die
Grenzwerte in Wohnzonen und Geschäftsvierteln stets deutlich
unterschritten werden. Folgt man der Sichtweise des UBA bis ins
Extrem, so sollten wir die Luft schon dicht am Auspuffrohr problemlos
einatmen können.
Stickoxide nehmen unter den Treibhausgasen eine besondere Rolle ein,
da sie säurebildende Eigenschaften haben und stark an der Ozonbildung
beteiligt sind. Unbestritten ist, dass moderne
Hochleistungsdieselmotoren von Pkws relativ aufwendige
Abgasreinigungsmaßnahmen erfordern. Bei kleinen Fahrzeugen sind
andere Konzepte erforderlich als die bei größeren Autos und Lkws
eingesetzte SCR-Technik, die mit Zugabe von Harnstofflösungen
arbeitet. Allen Konzepten gemeinsam sind Abgasrückführungen.
Fahrzeugkonstrukteure sind der Ansicht, dass Abgasnormen bis zu Euro
6 sicher erfüllbar sein werden.
Relativ wenig wirdüber die technische Überwachung und Abgaskontrolle
mittels der in den Fahrzeugen eingebauten OBD-Systeme gesprochen. Die
Überwachungstechnik hinkt stets hinten nach. Sie orientiert sich am
höchsten Grenzwert und nicht an den individuell erreichbaren Werten
einzelner Fahrzeuge.
Etwa 50 Prozent der Stickoxidemissionen stammen von Pkws, etwa gleich
viele von Lkws. Berücksichtigt man deren wesentlich geringeren
Verkehrsanteil, wären hier Gegenmaßnahmen besonders effizient. Die
von den Ländern verfügten Geschwindigkeitsbeschränkungen auf
Autobahnen wirken überhaupt nicht, sektorale Fahrverbote sind ohne
dichte Überwachung als Alibimaßnahmen zu bezeichnen.Nicht zuletzt
wird das Problem durch den hohen Transitverkehrsanteil bei Lkws
verschärft. Fazit ist, dass somit 50 Prozent der durch den Verkehr
erzeugten Stickoxide nur sehr schwer reduziert werden können -was
wiederum bewirkt, dass noch mehr Druck auf den Pkw ausgeübt wird.
Ein durchaus diskussionswürdiges Thema ist der unüblich hohe
Dieselanteil im österreichischen Fahrzeugbestand. Neben seinen
Verbrauchsvorteilen wird Diesel steuerlich begünstigt. Die
Raffinerien sind nicht in der Lage, ihre Fraktionen so zu steuern,
dass nur Diesel überbleibt. Ein ausgewogenes Verhältnis Benzin zu
Diesel ist also wünschenswert und notwendig. Derzeit muss aber
zusätzlich Diesel importiert werden. Steuerliche Begünstigungen
müssten nicht unbedingt von den größten Stinkern konsumiert werden.
In der EU ist das Umweltressort für die Abgasgesetzgebung zuständig.
Die übrigen technischen Bestimmungen werden von der Generaldirektion
für Industrie ausgearbeitet. Beides muss national vom
Verkehrsministerium ins KFG umgesetzt werden, welches jedoch an der
Entstehung der Abgasrichtlinien nicht direkt beteiligt ist. Durch
diese Kompetenzzersplitterung findet das Gespräch zwischen
Fahrzeugtechnikern und Umweltfachleuten kaum statt, viele fruchtbare
Ideen und praktische Erfahrungen gehen verloren. Die Standpunkte der
Umweltverantwortlichen lassen sich oft schwer nachvollziehen, so
manches scheint unrealistisch.