Wie schon im Vorwort dieser Ausgabe beleuchtet, hat die Reifenbranche zwar sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft, steht aber gleichzeitig vor großen Herausforderungen und befindet sich in einer schwierigen Schere zwischen steigenden Kosten und überforderten Konsumenten. Diese sind immer seltener bereit und auch oft nicht mehr in der finanziellen Lage, die hohen Investitionen zu tätigen.

Wie schon erklärt, ist das Investment für einen Satz Winterreifen beim neuen bzw. neuen gebrauchten Auto oft fast doppelt so hoch wie noch vor ein paar Jahren beim vorherigen Fahrzeug. Das überfordert den (österreichischen) Kunden, der bislang ein braver und überzeugter Qualitätskäufer war. Denn während vor 4 Jahren beim 15-Zoll-Pneu der Preisunterschied zwischen dem Premium-oder Quality-Modell auf der einen Seite und dem Billigprodukt auf der anderen nur ein paar Euros ausgemacht hat, sind sie – vor allem bei qualitativ wirklich schlechten Modellen – heute eklatant: Ab einer gewissen Reifengröße bekommt man für einen Premium-Pneu bereits einen ganzen Billigreifensatz. Was das hinsichtlich Qualität und Sicherheit bedeutet, muss man in einem Fachmedium niemandem erklären. (Wobei man zwischen vernünftigen Budgetmodellen und nicht empfehlenswerten Billigprodukten unterscheiden muss.) Aber den Konsumenten muss man darauf hinweisen. Und hier liegt die Herausforderung.

Notwendiges Übel und Lebensversicherung

Dabei muss man unterscheiden: Natürlich ist der Reifen für viele Autofahrer ein notwendiges Übel, auf dessen Anschaffung und den damit verbundenen Werkstattbesuch er gerne verzichten würde. Aber es ist auch ein wichtiges und sicheres „Übel“, dessen Bedeutung in der Regel dem Konsumenten schon bewusst ist. Kaum jemandem ist es egal, welche Pneus auf seinem Auto sind. Besonders die „Wintersicherheit“ hat unverändert einen hohen Stellenwert und es ist unangenehm, wenn man hier sparen muss. Entscheidend ist hier also das Verständnis seitens des Reifenhandels für die Situation und entsprechende Beratung für ein leistbares und sicheres Produkt.

Kunden wollen Qualität

Die Beratung im Verkauf wird dadurch immer wichtiger. „Kunden wollen Qualität, auch wenn das Budget eingeschränkt ist. Es liegt am Verkäufer, das zu thematisieren“, erklärt etwa Wilfried Fleischmann vom gleichnamigen Reifenhandel in Klosterneuburg. Dabei gilt: die richtigen Produkte empfehlen, den Kunden nicht überfordern oder gar desavouieren – und klar warnen, wenn es sich um minderwertige Ware handelt.

Die Ansprüche der Autofahrerinnen und Autofahrer sind dabei so unterschiedlich wie ihre Fahrzeuge und ihre Einkommenssituation. Fahrer von Leasingfahrzeugen oder aus der mittleren und oberen Einkommensschicht greifen unverändert bevorzugt zu Premiumreifen (sofern es die Leasingfirma noch zulässt). Kunden mit strikter Budgetplanung hingegen suchen gezielt nach günstigeren, aber dennoch verlässlichen Produkten. Die steigende Zahl an Gebrauchtwagen mit größeren (und daher teureren) Rädern verstärkt diesen Trend.

Orientierung Reifentest

Der ÖAMTC-Reifentest bleibt für viele Konsumenten dabei ein zentrales Orientierungsmittel, auch für preisbewusste Käufer. So wurde heuer durch eine umfangreiche Überprüfung von Billigprodukten ein klares Signal gesendet. Die Botschaft ist klar: „Jeder Meter zusätzlicher Bremsweg im Notfall steht nicht im Verhältnis zu den eingesparten Euros“, bringt es Harald Kilzer von Apollo Vredestein auf den Punkt. „Je besser die Beratung, desto höher das Qualitätsbewusstsein beim Endkunden“, ist Reinhard Münzker von Pirelli überzeugt. 

Am meisten Potenzial in der Empfehlung für einen Premium-Reifen gibt es bei Fahrern von Autos in der gehobenen Preisklasse. „Ein Top-Fahrwerk oder moderne Assistenzsysteme können ihre volle Leistung nur entfalten, wenn eine leistungsstarke Bereifung diese auch umsetzt“, so Martin Krauss von Bridgestone.