Das Tuninggeschäft hat einem Autohändler eine Verurteilung wegen
gewerbsmäßigen Betruges samt anschließender Kündigung seines
Händler-und Werkstättenvertrags beschert. Die Anbieter von
Tuningsystemen stehen dem mit Kopfschütteln gegenüber.
Um seinen Kunden den Unterschied zwischen getunten und nicht getunten
Motoren präsentieren zu können, hatte Autohändler Ernst Karl (der
wahre Name ist der Redaktion bekannt) stets einige getunte Neuwagen
für Probefahrten parat. Die damit verbundene Leistungssteigerung:
etwa 20 Prozent. "Die waren jeweils etwa 200 bis 300 Kilometer getunt
unterwegs", so Karl. Danach wurde das zusätzliche Steuergerät wieder
ausgebaut und der Vorführwagen -wie jeder andere auch -verkauft.
Aus der Sicht des Autohändlers ein Alltagsgeschäft. Nicht jedoch aus
der Sicht eines Staatsanwaltes: Der nimmt sich den Text des
Serviceheftes näher unter die Lupe und dort steht, dass mit jeder vom
Hersteller nicht autorisierten Veränderung des Fahrzeuges der
Garantieanspruch verloren geht. Dies gilt auch für das Motortuning,
und zwar unabhängig davon, ob die Eingriffe wieder rückgängig gemacht
werden oder nicht.
Zur Kündigung berechtigt
Die Käufer der ehemals getunten Vorführwagen erhielten also ein
völlig intaktes Auto, doch verbunden mit dem Risiko der
Garantieverweigerung durch den Hersteller. Davon wussten sie nichts:
Sie wurden aus juristischer Sicht daher in die Irre geführt. Durch
das Risiko des Garantieverlustes wurden sie auch in ihrem Vermögen
geschädigt. Dass Karl fünf derartiger Vorführwagen verkauft hat, das
als schwerer gewerbsmäßiger Betrug qualifiziert- mit einer
Strafdrohung von zehn Jahren. Karl kam zwar mit einer bedingten
Freiheitsstrafe davon, doch für den Importeur war die
Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben, was ihn zur fristlosen
Vertragskündigung berechtigte.
Anrüchiges Tuning
Aus der Sicht des Tuning-Experten Manfred Osternig hat die Justiz mit
diesem Urteil völlig über das Ziel geschossen. Vielleicht auch
deshalb, da Tuning in den Augen durchschnittlicher Autofahrer -und
damit auch bei einem Richter -etwas Anrüchiges an sich hat. Die vom
Gericht angenommene Wertminderung der von Karl verkauften
Vorführwagen ist für Osternig technisch nicht nachvollziehbar: "Da
sollte die Staatsanwaltschaft das Hirn einschalten." Seriöse Anbieter
leiden unter dem Image, in Hinterhofwerkstätten an der Grenze der
Legalität "heiße Öfen" zu produzieren. Osternig verweist deshalb
darauf, dass seine Firma OK-Tuning autorisierter Partner von Audi
ist. Bei ihm gibt es auch keine Zusatzgeräte und kein Öffnen
vorhandener Steuergeräte. "Alles geht per OBD-Diagnosestecker, der
direkt mit dem Steuergerät kommuniziert", hat er für die dafür
erforderliche Software auch die Freigabe des Herstellers. Außerdem
sei jederzeit die Rückabwicklung mit der Originalsoftware
sichergestellt.
Osternig lässt bei Carlo Renz programmieren, der sich gemeinsam mit
Stefan Kelber mit dem bhp-Tuning in Deutschland und bei der Formel 1
einen guten Namen gemacht hat. Mit dieser Softwareschmiede gelingt
es, einen Audi A3 2.0 tdi mit 140 PS und 5,9 Liter Verbrauch zu einem
Durchzugsmonster mit 185 PS bei 5,7Litern zu verwandeln.
Spritsparen im Trend
Am Pkw-Sektorübernimmt OK-Tuning für sämtliche Kia-Händler das
Software-Tuning und ist zusätzlich Vertragspartner für die
Denzel-Gruppe. Nur Mazda, Toyota und Mitsubishi geht Osternig aus dem
Weg. "Die haben japanische Steuergeräte, da kommt man von außen nicht
an den Prozessor heran", trachten diese Hersteller laut Osternig
offenbar danach, die Tuning-Szene auszubremsen. Der Trend gehe
allerdings zum "Eco-Tuning", also zu Spriteinsparung statt
Leistungssteigerung. Das gilt vor allem für Frächter, Baumaschinen
und in der Forstwirtschaft. Bei 10 bis 15 Prozent weniger
Dieselverbrauch hat sich derAufwand -je nach Flottengröße zwischen
600 und 1.000 € pro Motor -schon in kurzer Zeit amortisiert.
Die Angst der Kunden vor einem Garantieverlust oder vor einem
erhöhten Motorverschleiß hält Osternig für völlig überflüssig.
638.000 Kilometer hat ein von ihm getunter VW-Passat als
Vertreterauto anstandslos am Buckel -mehr schaffen auch ungetunte
Autos nicht. "Wir verändern nichts an der Einspritzmenge. Bei einem
Update des Steuergerätes ist auch das Tuning weg", kann nachträglich
niemand das gelöschte Steuerprogramm rekonstruieren. Damit fällt auch
dem Importeur schwer, einen unliebsamen Händler zu kündigen.
Chiptuning mit Garantie
In dieselbe Kerbe schlägt Helmut Müller von "Competence Tuning". Sein
Chip-Tuning wurde von Hyundai, Kia, Chevrolet und Suzuki autorisiert
-bei diesen Marken bleibt daher die Herstellergarantie von Haus aus
aufrecht. "Die haben laut Garantiestatistik weniger Probleme als die
Nicht-Getunten", kommt der Ruf des Chiptunings als "Motorkiller" laut
Müller vor allem von Do-ityourself-Werkstätten, die sich irgendwelche
Programme vom Internet herunterladen. "Viele wissen nicht, was sie
tun", wehrt er sich deshalb vehement gegen die medial verbreiteten
Pauschalverurteilungen.
"Wenn wir die Hand anlegen, haben wir bessere Abgaswerte, weniger
Spritverbrauch und geringere Motorprobleme", sieht sich Müller als
technischer Dienstleister für die Kfz-Werkstätten. Die vom Gericht
vorgenommene Kriminalisierung des Tunings hält er deshalb "im
Ergebnis für absolut krank". Sein Außendienst macht das
Software-Update vor Ort beim Händler für dessen Kunden. Zur
Zielgruppe gehören nicht zuletzt junge Gebrauchtwagen. "Wir arbeiten
nur über Online Board Diagnostic", ist Müller ein Gegner zusätzlicher
Steuergeräte. Mit dem auf der diesjährigen Auto-Zum vorgestellten
Paket "Premium Line" ist eine Zweijahresgarantie der National Suisse
verbunden. Damit wird auch ein allfälliger Garantieverlust beim
Hersteller ausgeglichen.
"Universell und unabhängig"
Ausschließlich auf Zusatz-Steuergeräte setzt Herbert Steinbauer aus
Enns. Von seinen 50 Mitarbeitern sind 8 nur mit der Hard-und
Softwareentwicklung beschäftigt. "Unsere Steuerungen sind universell
einsetzbar und unabhängig vom Softwaresystem", sieht Steinbauer seine
Kunden von Werksupdates nicht betroffen. Davon habe es allein beim VW
Touareg in den letzten Monaten sieben gegeben, verweist Steinbauer
auf die damit verbundene Notwendigkeit, Chiptunings nachzujustieren.
Das bedeutet sowohl für den Kunden als auch für den Händler einen
erheblichen Aufwand, der bei der Verwendung von eigenen Steuergeräten
nicht erforderlich ist.
Der Steinbauer-Katalog umfasst maßgeschneiderte Geräte für die
gängigen Motoren aller Hersteller. "Die steuern nur die Injektoren,
verändern nicht den Ladedruck", sind diese Geräte überdies zuund
wegschaltbar. Für jedes gibt es ein Gutachten des TÜV-Wien, wobei die
Kosten pro Motormodell rund 4.000 Euro betragen. Damit können die
Kunden diese Leistungsänderungen auch behördlich eintragen lassen -ob
sie es tun, entzieht sich dem Einfluss des Herstellers.
Gefährliche Pfuscher
Auch Steinbauer sieht die Tuning-Pfuscher als wesentlichste Ursache
des ramponierten Branchen-Images. "Jeder, der einen Laptop hat,
glaubt er ist ein professioneller Tuner. Die kaufen sich ein paar
Kennfelder undändern damit das Steuergerät", ärgert er sich.
Kundenfrust ist damit vorprogrammiert, was mit ein Grund dafür ist,
warum Kfz-Hersteller jegliche unautorisierte Fahrzeugänderung mit
einem Garantieverlust bestrafen.
Steinbauer hat damit kein Problem: "Wirübernehmen die volle Garantie
für alle mehr belasteten Teile, das zahlen wir selber", sieht er in
seinen Geräten keinen Anlass für einen erhöhten Motorverschleiß.
Unter diesen Umständen ist es für ihn auch ausgeschlossen, dass der
Käufer eines derart getunten Fahrzeuges einen "Schaden" erleiden
kann. Die Hersteller dürfen ihren Händlern ein technisch
einwandfreies Tuning auch nicht vertraglich verbieten. Sie können den
Vertragspartnern lediglich die Meldung derartiger technischer
Eingriffe vorschreiben: "Weiter gefasste Klauseln würden den
Wettbewerb beschränken und gegen das EU-Recht verstoßen", bleibt auch
für Steinbauer die strafrechtliche Beurteilung der eingangs erwähnten
Verurteilung rätselhaft.