Es klingt in der Zwischenüberschrift der Betrugsbekämpfung nahezu perfekt: 40 Millionen Euro spart der Staat, in dem er die Rückvergütung der Norm-Verbrauchs-Abgabe beim Fahrzeug-Export streicht, damit den Betrug in diesem Bereich unterbindet und noch dazu EU-Recht folgt. Sieht man sich die Neuregelung im Betrugsbekämpfungsgesetz, das mit 7 Tagen(!) Begutachtungsfrist nun am 2. Dezember beschlossen werden soll, im Detail an, sieht es freilich etwas anders aus.
So muss man fragen: Schüttet man hier das Kind mit dem Bade aus oder stellt man eine ganze Branche unter Generalbetrugsverdacht? Denn die Zahl der Fälle und die Höhe der Beträge, die hier in NoVA- oder Umsatzsteuer-Karussellen veruntreut werden, ist nicht klar. Mit Sicherheit liegt der Betrugsanteil weit unter den 40 Millionen Euro, die man gerne sparen würde. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit liegt das Einsparungspotenzial (und damit die Kosten für die Branche) deutlich höher, wenn man sich die Zahl der exportierten Fahrzeuge ansieht.
40.000 bis 50.000 Fahrzeuge pro Jahr
Das Bundesgremium Fahrzeughandel hat nämlich Zahlen vom Finanzministerium erfragt: es handelt sich um etwa um 40.000 bis 50.000 Fahrzeuge, deren Rückvergütung wegen Export jährlich beantragt werde, der Großteil der Antragssummen soll zwischen 3.000 und 5.000 Euro liegen.
Dabei handelt es sich nicht um einen Durchschnittswert, die Zahlen dürfen somit auch nicht einfach multipliziert werden. Auf der einen Seite gibt es einen wichtigen Teil an jungen, teuren Fahrzeugen mit NoVA im vierstelligen Euro-Bereich, am anderen Ende ältere Fahrzeuge, Wracks und Autos mit hoher Kilometerleistung.
Neben dem Betrugsverdacht argumentiert das Finanzministerium auch mit Unions-Recht, dem die aktuelle Regelung zuwiderlaufen soll. Der Arbeitskreis der Automobilimporteure hat jedoch mehrere Experten zu Rate gezogen, die keinen Änderungsbedarf für das seit vielen Jahren eingeführte System sehen. Man müsse laut EU-Recht nicht vergüten, aber man dürfe.
Bleiben die Auswirkungen, die seitens der Politik vielleicht auch zu wenig gesehen wurden und nun von einer Allianz aus der Kfz- und Leasingbranche (Arbeitskreis der Automobilimporteure, Bundesgremium Fahrzeughandel und Leasingverband) klar argumentiert werden. Einmal mehr muss die Interessenvertretung hier Feuerwehr spielen. In mehrere Aussendungen und Stellungnahmen wird auf die Probleme hingewiesen. (Drei Aussendungen haben wir hier unten angeführt, einige Stellungnahmen finden Sie hier sowie umfassend in der AUTO Information 2987, die am 28. November erscheint).
· Der Gebrauchtwagen-Bestand in Österreich steigt, die Preise sinken. Das hat Auswirkungen auf die Restwerte. Das schafft zuerst Probleme bei Leasingfirmen, Banken, Händler sowie Endkunden beim Eintausch bzw. der Rückgabe, in weiterer Folge wird das die Finanzierungen erhöhen.
· Leichte Nutzfahrzeuge (bis 4 Jahre) stehen schon jetzt unter Druck, da 2022 die NoVA eingeführt und nun wieder abgeschafft wurde. Nimmt man die Export-Möglichkeit, verschärft sich das Problem im Bereich der Transporter.
· Jungwagen und Vorführwagen im hochpreisigen Segment sind wichtig, um diese Modelle dem Kunden zu präsentieren, verkauft werden diese Modelle aber oft – mit rückvergüteter NoVA – ins Ausland.
· Generell gilt: Österreich ist für einen Binnenmarkt zu klein, der europäische Markt ist dringend notwendig. Den österreichischen Markt davon zu entkoppeln, verursacht massiven wirtschaftlichen Schaden und erhöht auch die Kosten für den Konsumenten.
· Die Schere zwischen gebrauchten E-Autos und Verbrenner-Modelle geht wieder stärker auf, da die Verbrenner mangels Exportmöglichkeit unter Preisdruck geraten. Fahrzeuge werden wegen sinkender Restwerte länger behalten. All das gefährdet die Klimaziele.
· Durch die geplante Ergänzung für ausländische Firmen ("proportionale Vergütung für ausländische Unternehmen bei vorübergehender Verwendung im Inland") werden ausländische Leasing-Anbieter gegenüber inländischen deutlich bevorzugt.
· Nicht zuletzt ist die geplante Streichung mit 1. Juli 2026 einmal mehr das Gegenteil von Planungssicherheit, schließlich sind die in den vergangenen Jahren verkauften bzw. finanzierten Fahrzeuge anders kalkuliert worden.
Änderungen angestrebt
Bis zur Abstimmung am Dienstag möchte man eine Änderung oder Entschärfung erreichen. Wenn es nicht nur ums Budget ginge, könnte man dem Betrug auch auf andere Weise entgegenwirken. Denn in einigen Fällen handelt es sich um den illegalen Auslandsverkauf von Fahrzeugen trotz Eigentumsvorbehalt durch die Bank oder Leasingfirma. In Zeiten der Digitalisierung sollte es möglich sein, dass das Finanzamt die NoVA NICHT rückerstattet, wenn das Fahrzeug trotz Eigentumsvorbehalt (also illegal) verkauft wird. Auch wäre eine adaptierte Rückvergütung möglich, die besser zum Unions-Recht passen. Könnte man machen, würde man nur wollen.
Dabei geht es unter dem Titel Betrugsbekämpfung hauptsächlich um Einsparungen. Ja, Budgetkonsolidierung ist extrem wichtig und jeder muss seinen Beitrag leisten. Die Kfz-Branche trägt einen gewaltigen Anteil am Steueraufkommen in diese Land und hat großes Interesse an Betrugsbekämpfung und Transparenz. Unter fraglichen Annahmen ein Gesetz untergeschoben zu bekommen, welches die Branche und ihre Kunden benachteiligt und noch stärker unter Druck setzt, ist definitiv der falsche Weg.
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